ROAR – Frauen sind kleine Männer

  • Beitrags-Kategorie:Buchtipp
  • Lesedauer:35 min Lesezeit

Warum empfehle ich jeder Frau dieses Buch?
Durch meine jahrelangen Erfahrungen im Sport, Mitgliedschaften in Vereinen (Volleyball, Triathlon), Auspowern und Vergleiche ziehen zu männlichen Trainingskollegen kenne ich meinen Körper sehr gut. Dachte ich! Bis zu dem Zeitpunkt als ich das Buch „Roar“ von Dr. Stacy Sims in den Händen hielt.
Wenn ich meine Leistung voll abrufen konnte, hatte ich ein tolles Körpergefühl. Sobald ich „schlechte“ Training hatte, schob ich es auf den Stress, auf die muskuläre Dysbalance usw. dachte dabei aber nicht an meinen Hormonshaushalt bzw. Zyklus!


Interessant, wie vielen Frauen geht es noch so?!

​Die Autorin Dr. Stacy Sims ist Übungsphysiologin und Ernährungs-wissenschafterin in Neuseeland, spezialisiert auf geschlechtsspezifische Unterschiede in Bezug auf Hitze- und / oder Höhenstress, Erholung, Genetik und Ernährung. Sie schrieb ein Buch mit der stimmigen Aussage „Frauen sind keine kleinen Männer“.

Sie selbst war Triathletin (Iron-Man Championship in Kona/Hawaii) und endete in einem Rennen im medizinischen Zelt mit einem Elektrolytstörung bei einer zu niedrigen Natriumkonzentration im Blut. Eine Folge dieser Störung ist Kopfschmerz durch Hirnschwellung.

Durch Gespräche mit anderen Teilnehmerinnen bemerkte sie, dass besonders Frauen, die kurz vor ihrer Periode standen und somit einen erhöhten Hormonspiegel zeigten, durch die extreme Belastung des Wettkampfes mit Hitze diese Störung des Elektrolythaushaltes zeigten.


​Physiologischer Unterschied Frau : Mann

Der Körper einer Frau ist zierlicher als der eines Mannes. Wir besitzen kleinere Organe wie Herz (in Folge dessen kleineres Herzvolumen) und Lunge (25-30 % weniger Kapazität im Vergleich zu einer männlichen Lunge). Frauen haben ca. 30 % weniger Herzzeitvolumen als Männer und zeigen einer verringerte Sauerstofftransportkapazität des Blutes.

Das heißt: Frauen müssen vermehrt Atmen, um ihre Muskeln ausreichend mit Sauerstoff zu versorgen. Das Zwerchfell und die Atemmuskulatur müssen stärker arbeiten und verbrauchen somit einen Großteil der Energie.
Zudem begünstigt Testosteron bei Männern die Bildung von roten Blutkörperchen, welche vermehrt Sauerstoff zu den arbeitenden Muskeln bringen. Deren Muskeln werden besser versorgt!

Hormonhaushalt während deines Zyklus

Hormone steuern viele Vorgänge in unserem Körper. Sie sind Boten zwischen Organen und Gehirn, leiten das Hungergefühl ein, informieren wenn Schlaf benötigt wird und sind für Emotionen zuständig. Der Menstruationszyklus beeinflusst somit direkt das Training und die Leistung von Athletinnen.

In der 1. Hälfte des Zyklus (mit dem Start der Menstruation) fühlen sich harte Trainingseinheiten leichter an und der Körper regeneriert schneller.

In der 2. Hälfte des Zyklus (Lutealphase) steigen das Östrogen und Progesteron an. Fünf Tage vor der Blutung erreichen sie ihr höchstes Level. 
Es ist wichtig zu erkennen, dass in der prämenstruellen Phase mehr Kalorien vom Körper verbraucht werden. Studien zeigten 5-10 % Steigerung des Stoffwechsels. Das bedeutet 100-200 zusätzliche Kalorien, die aufgenommen werden müssen. In dieser Phase könnte es sein, dass sich deine Kleidung etwas enger anfühlt, da der Körper durch den erhöhten Spiegel von Östrogen und Progesteron die Flüssigkeit zurückhält. Ebenso werden die Gefäße etwas verengt, wobei der Blutdruck erhöht wird. Aldosteron wird ausgeschüttet und verringert das Blutvolumen, somit verringert sich das Herzzeitvolumen und in Folge dessen der Blutdruck.
Diese Hormonausschüttung stellt somit nicht nur ein erhebliches Problem für die Skinny Jeans dar, sondern auch für die sportliche Leitung. Das verringerte Blutvolumen wird dickflüssiger – weniger Blut wird ins Herz gepumpt – somit fühlen sich die Übungen viel stärker an!
Besonders in der Prämenstruellen Phase ist es vorteilhaft, die Regenerationswoche auf diese Phase zu legen und reichlich Kohlenhydrate zu sich zu nehmen. Der Körper braucht physiologisch mehr Energie.

Mit dem Buch möchte die Neuseeländerin Frauen ermutigen, dass sie durch das Wissen über die optimale Fitness und Ernährung dem männlichen Gegenüber im gleichen Feld konkurrieren können. Frauen haben einen größeren Vorteil in der Welt des Ausdauersports und in den Bergen.

​Strong is the new sexy

Stacy Sims möchte Frauen ermutigen Gewicht zu heben, um nicht nur schneller zu werden, sondern auf präventiv auf den Bewegungsapparat zu wirken.
Starke Muskeln zu formen für mehr Kraft und Ausdauer! Im Alter von 30 Jahren baut der Mensch Muskelmasse ab. Östrogen stoppt anaboles (aufbauendes) Muskelwachstum und Progesteron fördert Katabolismus (Abbau) – somit ist es härter für Damen Muskeln aufzubauen, aber es ist nicht unmöglich!! Das heißt: Du musst hart trainieren! Dafür reicht Ausdauertraining aber nicht.

Die einzige Möglichkeit ist: Krafttraining, Krafttraining, Krafttraining!

Schwere Gewichte zu heben stimuliert das neuromuskuläre System, festigt die Knochen, aktiviert alle Muskelfasern und beugt Verletzungen vor. Starke Muskeln gewährleisten mehr Tempo (beim Laufen, Rad fahren etc.). Dr. Stacy Sims empfiehlt 2-3 Sessions pro Woche, schwere Gewichte, 2 oder 3 Durchgänge mit 10 Wiederholungen.


​Zeitfenster von 30 Minuten

Nach dem Training empfiehlt die Autorin innerhalb von 30 Minuten (bei Männern innerhalb mehrerer Stunden) Protein (reich an Leucin) und Kohlenhydrate zu sich zu nehmen. Diese „Bausteine“ helfen dem Körper für die Reparatur und Aufbau der Muskeln, vermeiden Entzündungen und unterstützen das Immunsystem! Die offizielle Meinung nach dem Sport nichts zu essen, um Fett zu verbrennen wiederlegt Dr. Sims. Das Gegenteil passiert:

  • Erholung wird gestoppt
  • Stoffwechsel wird verlangsamt
  • Fett wird vermehrt angelegt.


Pille bei Muskelaufbau: Ja oder Nein?

Pillen, die auf Östrogen und Progesteron-Basis laufen, heben die hohe hormonelle Ausschüttung in der Lutealen Phase erneut an. Dadurch fühlt sich das Training in dieser Phase noch stärker an!
Diese Pillen haben einen Effekt auf die Muskelfaser und -kraft.
Studien zeigten bei Frauen ohne Pille eine 40-60 %ige Steigerung der Muskelmasse im Training im Vergleich zu Frauen, die die Pille regelmäßig einnahmen.


Regeneriere richtig!

Hartes Training ist das Eine – Regeneration ist das andere – welches oft übersehen wird!
Hier einige Tipps der Expertin:
– Cooldown/richtiges Abkühlen:
Frauen haben weniger arteriellen Blutdruck
, darum ist ein Cooldown (schnelles Abkühlen nach dem Sport) immens wichtig, um die nötigen Nährstoffe in den Muskel zu bringen. Nach der Übungseinheit brauchen Frauen länger, um ihre Körpertemperatur zu senken. Blut wird zur Haut transportiert, um Hitze auszulagern, anstatt Blut in die Muskeln fließen zu lassen. Weniger Blut in den Muskeln lässt Stoffwechselabfall im Muskel zurück und erhöht somit Entzündungen. Durch Abkühlen mit Wasser bringt die Frau das Blut zurück in die Muskeln.

– Aktive Regeneration:
Wenn frau sich am nächsten Tag nach dem Training schwer und ausgelaugt fühlt, ist es sinnvoll eine aktive leichte Regeneration in Form von Spazieren gehen oder Yoga (max. 1 h) auszuführen. Ziel ist hier, die Durchblutung zu fördern, Abfallprodukte im Muskel zu beseitigen und somit die Regeneration zu fördern. Massage oder EMS-Geräte fallen ebenso in die aktive Regeneration.

– Kompressionsstrümpfe:
Eines der einfachsten und effektivsten Mittel zur Regeneration sind Kompressionssocken. Abfallprodukte werden im Muskel entsorgt und Nährstoffe und Sauerstoff wird für die Regeneration freigestellt. Somit verschwinden Schwellung, Müdigkeit und Muskelkater. Einfach Kompressionsstrümpfe innerhalb 30 min nach dem Training anziehen! Ebenso können sie auch nächsten Tag getragen werden!


​Übertraining: Schlechte Stimmung?

Übertraining passiert meistens im Amateurbereich. Täglich aktive Menschen sind anfälliger für Abgeschlagenheit und Übertraining. Gefühlt ständig müde zu sein und die Leistung nicht abrufen zu können sind Anzeichen dafür!

Neben den richtigen Tipps zur Regeneration empfiehlt die Autorin:

  • Ausreichend Schlaf
  • Mind. 1 Tag pro Woche kein Training!
  • Richtige Ernährung zum Auffüllen der Speicher

Wie lässt sich Übertraining am besten messen? An der Stimmung.
Die Emotionen sind eine Frühindikation für ansteigende Stresshormone, sinkender Serotoninspiegel und Muskelabbau.

Daher: Wenn du schlecht drauf bist, leg eine Pause ein!

Um erst gar nichts ins Übertraining zu fallen, empfiehlt Stacy Sims an

  • 3 Tage/Woche High Intensity Intervall Training (HIIT)
  • leichtes Training bzw. Pause während der rechtlichen Woche!! 

Arbeite MIT deinem Körper!

Die Autorin ermutigt Frauen MIT der Physiologie ihres Körpers zu arbeiten anstatt gegen sie anzukämpfen! Darum ist es sinnvoll, sich mit dem eigenen Zyklus zu befassen. Sämtliche Trainingsuhren oder Apps helfen den Zyklus genauer zu bestimmen!

In den Wochen mit niedrigem Hormonspiegel empfiehlt es sich das HIIT-Workout mit trainingsfreien Tagen einzuplanen. In der Lutealphase darf einen Regenerationswoche eingeplant werden!


Dieses Buch kann ich jeder Frau bzw. jeder Athletin wärmstens empfehlen! Hätte ich in den letzten Jahren meiner zahlreichen Trainings vermehrt auf meinen Körper und Hormonhaushalt geachtet, hätte ich mir viele Zeiten der Müdigkeit, Abgeschlagenheit und des Ärgers („das mein Körper nicht so funktioniert, wie ich es gerne hätte“) erspart.

TrainerInnen dürfen vermehrt auf den Hormonhaushalt Ihrer AthletInnen achten, um sie optimal zu unterstützen.

Zahlreiche wertvolle Tipps gibt Dr. Stacy Sims in ihrem Buch „Roar“ zu Menopause, Schwangerschaft, Jet Lag, Hitze, Ernährung, Wettkämpfe uvm.


​Danke an Dr. Stacy Sims für das grandiose Nachschlagewerk!